· 

#Etappe 2

Um halb 6 wurden wir ausnahmsweise nicht vom Hundegebell sondern von Vogelgezwitscher geweckt. Hell war es um diese Zeit auch schon und da Regen angesagt war, wollten wir so schnell wie möglich das Zelt abbauen und unsere Sachen packen. Schnell ging es nur leider trotzdem nicht. Erst um 7 Uhr konnten wir aufbrechen, dafür aber mit einem schönen warmen Kaffee und einem Müsliriegel in der Hand.


Zurück auf der Originalroute waren wir schnell, noch ein Bild für Insta und losgings.  Immer weiter entlang des Wörsbachs - zum Glück heute mal ein ebener Weg. Und die Rucksäcke waren aufgrund des aufgebrauchten Wassers auch um einiges leichter. Was 3kg doch so ausmachen können. Unterwegs wurde der Weg dann einfach mal zu einer Wiese  - aber alles besser als die Zeckenhölle vom Vortag. Und ein paar süße Kühe, die mit auf unser Bild wollten, begegneten uns auch noch :)


Nach 5km erreichten wir Gnadelthal, wo wir eigentlich in ein Café gehen wollten. Eigentlich, denn das Café hatte noch geschlossen. Hmpf! 8 Uhr ist doch irgendwie zu früh. Zum Glück war gleich nebenan ein Kloster mit einer öffentlichen Toilette (glauben wir zumindest), wo wir nicht nur unser Wasser auffüllen konnten (oh nein da sind sie wieder die 3 kg) , sondern auch Schüsseln und Besteck spülen und unsere Zähne putzen konnten. Yippiee :) Gleich ein viel besseres Gefühl!


Zwangsläufig ging es dann erstmal weiter, durch die Felder, auf kniehoch bewachsenen Wegen (zum Glück heute mit langer Hose) im leichten Nieselregen an Dauborn vorbei Richtung Brechen. Mitten im Feld kam dann ein Anruf von hr3 - auch cool ein Interview in dieser Umgebung zu führen. Ein Stückchen weiter machten wir dann eine Zwangspause. Der Regen wurde stärker und die Bahnunterführung kam genau zum richtigen Zeitpunkt um die Rucksäcke mit den Regencapes zu versehen. Gleichzeitig holten wir noch unser Frühstück nach und kochten unter der Brücke das erste Mal Porridge. Megaaa geil! Nebenbei lief das kurz vorher aufgezeichnete Interview im Radio.


Gut gestärkt ging es ans zweite Drittel des Tages. Zwischen ICE-Trasse und Feldern ging es weiter Richtung Brechen. Irgendwann kam ein kleines Wäldchen, in dem wir uns wieder kurz verliefen, weil der Weg, den wir nehmen sollten, total zugewachsen war. Zum Glück gab es einen Alternativweg, der kein allzu großer Umweg war. Inzwischen wurde der Regen allerdings immer stärker, sodass wir über das Blätterdach über unseren Köpfen ziemlich froh waren.


In Brechen grüßte uns nur kurz das Ortseingangsschild während wir ins Naturschutzgebiet Bleidenberg-Niederbrechen abbogen. Kaum dort begegnete uns auch schon ein Reh, dass vor uns den Weg bergauf hüpfte und uns quasi zeigte wo es lang gehen sollte.

Mittlerweile hatten wir den 15.Tageskilometer erreicht und wünschten uns eine erneute und vor allem größere Pause herbei. Da weit und breit aber keine Schutzhütte in Sicht war und eine Pause im strömenden Regen auf einer Bank keinen Sinn macht, mussten wir gezwungenermaßen bis Villmar durchlaufen.


Weg-technisch war dieser Streckenabschnitt aber wenig spannend: Ein Feld folgte dem nächsten, nur unterbrochen von einer Kuhweide, teilweise kniehohes Gras bzw Getreide auf dem Weg, damit die Hosen auch noch nass werden. In dem Moment waren wir echt froh über unsere wasserdichten Lowa Renegade. In unseren Turnschuhen wären inzwischen wohl auch die Socken nass.

Unsere so schön vorgestellte Pause in Villmar gestaltete sich dann doch schwieriger als gedacht: Es war einfach alles geschlossenen. 


So saßen wir eine halbe Stunde vor dem Rathaus unter einem Baum und warteten darauf das wenigstens eine der Bäckereien um 13:30 Uhr ihre Türen für uns öffnete. Und es hat sich SOWAS VON gelohnt. An dieser Stelle können wir euch allen nur empfehlen, wenn ihr in Villmar seid, macht einen Abstecher zur Bäckerei & Konditorei Schmidt. Der Kuchen war einfach so göttlich, dass wir direkt 2 Stücke gegessen haben. Und das in der privaten Küche der Bäckerei bei einem schönen heißen Latte Machiatio! Geologie-Unterricht über den roten Marmor aus Villmar gab es dann noch oben drauf. Vielen Dank für die Gastfreundschaft! Genau solche Begegnungen sind es, die unseren Weg noch so viel schöner und wertvoller machen!


Anschließend durchquerten wir Villmar und auf der anderen Seite der Lahn ging es an den Bahnschienen am Natursteinwerk vorbei und hinein in den Urwald. Ein wunderschöner aber steiler Single-Trail (wir schleppten uns quasi hinauf) führte uns zu neuen Feldern (juhuuuu ist ja richtig abwechslungsreich heute). Und nach dem Feld ist vor dem Feld - nur mit einem Reiterhof dazwischen und dem Berg in Aussicht. Der hatte es in sich. Innerhalb weniger 100 Meter konnten wir die letzten 5 km von oben überblicken. Ein toller Ausblick! 


Dank einem kleinen Ausflug über die Bundesstraße konnten wir uns einen weiteren Zeckenterror ersparen, bevor es auf einem breiten Schotterweg in den Wald ging. Leider war das nur ein kurzes Vergnügen. Während der Schotterweg nach einem Bogen zurück zur Straße ging, sollten wir eigentlich weiter geradeaus - wieder mal ein total zugewucherter Weg. So entschieden wir uns spontan wieder zur Straße zurückzukehren und dort einen Teil des Weges zu laufen. Angenehm ist zwar anders, aber immerhin konnten wir so sogar ein wenig abkürzen. Nach circa einem Kilometer konnten wir auch wieder auf unsere Route zurückkehren. Auf Höhe von Eschenau erreichten wir unseren 26. Tageskilometer.


Und dann kam wieder ein Komoot-Wege-Irrtum. Den Weg, den wir an der Kreuzung nehmen sollten, gab es nämlich einfach nicht. Aber wir sind ja kreativ und spontan und scheuen keine Umwege, deswegen nahmen wir einfach  den Weg der am besten aussah (wie oberflächlich wir doch sind, nein!). Glücklicherweise haben wir die richtige Wahl getroffen und kamen dadurch wieder auf unsere Route. Der Waldtrail führte uns an ein idyllisches Plätzchen an einem kleinen Bach, an dem es endlich mal Bänke mit einem Tisch gab - genau der richtige Ort um eine Kaffeepause zu machen und unsere Käselaugenstange zu essen (jap, passt eigentlich nicht zusammen, aber was macht das schon. Ist Ja sowieso alles gerade außergewöhnlich). Es folgten noch ein paar Fotoaufnahmen an dem Bach für Lowa, bevor es mit dem Ziel bis Merenberg durchzulaufen weiterging.


Doch das nächste Kuriosum und die nächste Pause sollte nicht lange auf sich warten. In der Nähe von Schupbach fanden wir ein herrenloses E-Bike am Wegesrand. Das Licht war sogar noch an, aber weit und breit war kein Mensch in Sicht. Etwas ratlos, was wir nun tun sollten, schaute Jenny in die Gepäcktrager Tasche des Fahrrads und fand ein Iphone. Wer lässt bitte sein E-Bike und sein Iphone einfach so liegen? Von weitem sahen wir dann zwei Personen auf uns zulaufen und waren schon erleichtert. Es stellt sich aber heraus, dass diese beiden extra nochmal zurückkamen, weil das Rad wohl schon vorher da lag. Jenny ergriff dann die Initiative und rief die Polizei. Die wollten eine Streife vorbeischicken und baten uns dort zu warten. 


Gesagt, getan. Floorsaver ausgebreitet, Schuhe aus und das Pfefferspray in die Hand. Doch selbst nach 15 Minuten war immer noch keine Streife in Sicht, stattdessen näherte sich uns ein anderes Auto und wie sich nach Überprüfung des Iphones rausstellte der Besitzer des Fahrrads. Das war vielleicht eine merkwürdige Situation - gefangen zwischen Skepsis und der Angst vielleicht einem Täter gegenüber zu stehen. Vielleicht haben wir doch zu viele Krimis gesehen und gelesen. Aber war ja zum Glück alles gut.


Mit Zeitverlust, aber zumindest um eine gute Tat und Begegnung reicher ging es nun wirklich auf die letzten Kilometer. Aber die sollten sich nochmal unendlich in die Länge ziehen.


Da wir über Facebook eine nette Familie gefunden haben, die uns angeboten haben in ihrem Garten zu zelten, führte uns unser Weg an Heckholzhausen vorbei durch den Wald ins Industriegebiert von Merenberg. Dort verließen wir dann unsere geplante Route. Und als wären wir nicht schon kaputt genug, ging es einfach nur bergauf. Es tat einfach alles weg: Die Füße, die Waden, die Oberschenkel und vor allem der Rücken und die Schultern.


Wir schleppten uns also den Berg hoch, als sich von hinten ein Auto näherte und neben uns anhielt. Es war Andrea! Die unglaublich liebe Frau, die uns nicht nur einen Schlafplatz zur Verfügung stellte, sondern auch noch durch ganz Merenberg gefahren war, um uns zu suchen. Die letzten Meter nahm sie uns dann mit dem Auto mit (und nein, das ist nicht gecheated, denn wir sind ja bis dahin schon bestimmt 1 Kilometer Umweg gelaufen). 


Es war so toll nicht auch noch die letzten 750 Meter bis zum Haus der Familie laufen zu müssen. Und es sollte noch besser kommen. Denn weil es immer noch regnete, bot uns Andrea an in ihrem Wohnmobil zu schlafen. In einem Wohnmobil!!! Ihr könnt euch diesen Moment nicht vorstellen! So ein mega Gefühl des Glücks und der Dankbarkeit! Wir können das gar nicht in Worte fassen.


Und es kam sogar noch besser, denn wir wurden auch noch zum Abendessen eingeladen. Eine warme Suppe - das tat so gut nach diesem regnerischen Tag und dazu eine riesige Wurstplatte. Generell war es ein toller Abend mit der ganzem Familie! Mit tollen Gesprächen und einer Nacht im trockenen in Aussicht lässt sich Tag 2 doch wunderbar ausklingen. 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0